Wandzeichnung im Korridor, Foto: Francisco Paco Carrascosa
Wandzeichnung im Korridor, Foto: Francisco Paco Carrascosa
Wandzeichnung im Korridor, Foto: Francisco Paco Carrascosa
Wandzeichnung im Korridor, Foto: Francisco Paco Carrascosa
Marc Bauer wählte als Vorlage für seine Wandmalereien im Korridor postkartenartige Stadtansichten und Landschaftsgemälde, da diese Motive etwas Beruhigendes haben und vielleicht an einen schönen Ausflug in eine andere Stadt oder in die Alpen erinnern. Für die Stadtbilder hat er Fotografien aus dem Internet so bearbeitet, dass sie wie Postkarten wirken. Die Landschaftsgemälde stammen aus dem Buch «Pierre-Louis de La Rive, ou la belle nature : vie et œuvre peint (1753–1817)». Auch diese Bilder waren zur Zeit ihrer Entstehung, also noch vor der Erfindung der Fotografie, eine Art Postkarten, jedenfalls für die gut betuchten Reisenden. Postkartenmotive haben einen hohen Wiedererkennungswert, sind vertraut und anheimelnd. Gerade die Stadtansichten mit ihren Wahrzeichen, dem Zeitglockenturm in Bern, der Kappelbrücke in Luzern, dem Grossmünster in Zürich oder dem Jet d'eau in Genf, lassen sich schnell zuordnen. Dies, obwohl die Motive vereinfacht und Details weggelassen sind. So sind Gebäude und Berge auf ihre Volumen reduziert. Sie haben keine Fenster oder genauere Strukturen. Die Landschaften, beispielsweise Matterhorn, Rheinfall oder Orselina (Madonna del Sasso), lassen sich zwar weniger präzis einem bestimmten Ort zuordnen, trotzdem haben Gipfel, Tannen und Bergseen etwas allgemein Bekanntes.
Die Bilder sind skizzenhaft mit Kohlestiften auf den rohen Beton der Wand gezeichnet, so dass er durchscheint. Schwarz-weisse Bilder in Bleistift oder Kohle sind ein wesentliches Merkmal von Marc Bauers Kunst. Die farbliche Reduktion, ebenso wie das Weglassen von Details, erweckt den Eindruck von Nebel oder Regen. Dazu tragen auch die farbigen Kreidestriche bei, die wie ein Schauer über die Ansichten hinwegzufegen scheinen, ein Regen in den Farben des Regenbogens. Gleichzeitig verbinden diese locker aufgetragenen, senkrechten, bunten Striche die Bilder untereinander über die Länge des Korridors. Die Gemälde wirken verschwommen, sie scheinen sich aufzulösen oder gerade erst aus dem Grau des Betons aufzutauchen, wie eine analoge Fotografie, die sich im Entwicklerbad langsam auf dem Papier zeigt. Das Auftauchen und Verschwinden von Bildern entspricht der Erinnerung, der oft eine gewisse Unschärfe anhaftet.
Die Edition in den Zimmern spinnt die Landschaftsthematik mit zwei imaginären Landschaftszeichnungen weiter. Es handelt sich um zwei schwarz-weisse, holzschnittartige Tuschzeichnungen von einer See- und einer Berglandschaft. Die je zwei eingefügten farbigen Kreise in Komplementärfarben wirken dabei, als wären Sonne und Mond gleichzeitig aufgegangen oder als hätte sich die ganze Bildfarbe an zwei Stellen zusammengefunden.
Text: Eveline Suter
Marc Bauer (*1975), Berlin, «Panorama», 2015
14 Wandzeichnungen (Kohle, Pastell, Grösse variabel) und eine Edition mit zwei Motiven, insgesamt 40 Blätter (Kreide-, Tuschlithografie, je ca. 40 x 60 cm). Neubau Bettenhaus, Geschoss L.
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