Wandmalerei im Korridor, Foto: Francisco Paco Carrascosa
Wandmalerei im Korridor, Foto: Francisco Paco Carrascosa
Wandmalerei im Korridor, Foto: Francisco Paco Carrascosa
Unikat aus der Edition, Foto: Anette Höller
Ingo Giezendanner hat die Wände der Korridore mit einer riesigen Wandzeichnung überzogen, die Reisen ohne lange, unbequeme Flugstunden ermöglicht und Abwechslung in kürzere oder längere Spitalaufenthalte bringt. Der Künstler hat dafür seine Zeichnungen aus New Orleans, Paris, 's-Hertogenbosch, Tunis, Burgos, Kairo, Port-au-Prince, Zürich, Istanbul, Wien, New York, Sarajevo, London, Santo Domingo und weiteren Ortschaften zu einem multikulturellen Städtebild verwoben. Er zeigt die Stadt als Gewirr von sich überlagernden Eindrücken und Geschehen, in dem die Coca-Cola-Reklame auf den mit Habseligkeiten eines Obdachlosen gefüllten Einkaufswagen trifft. Immer wieder lassen sich neue Details im Wimmelbild entdecken. Alles scheint in einem Augenblick zu geschehen. Gleichzeitig wirkt diese Welt bruchstückhaft. Der Blick durch eine Fensterscheibe verwischt das Geschehen oder ein Spiegel multipliziert die Welt und zeigt den Künstler beim Zeichnen.
Die Motive sind comicartig stilisiert und vereinfacht. Die Zeichnungen sind nur schwarz und weiss gemalt, doch das Grau des Betons kommt als dritte Farbe ins Bild. Die Bilder sind raffiniert um die gerundeten Korridorecken geführt, so dass ein dreidimensionaler Eindruck entsteht. So hat sich beispielsweise ein Penner um eine Ecke gelegt, den Kopf auf der einen, die Fusssohlen auf der anderen Seite.
Grössere Weltausschnitte wechseln mit Detailbildern, wie ein kaputter Regenschirm mit zwei fallenden Blättern. Auf den ersten Blick scheint alles zusammenzupassen, die Grössenverhältnisse sind jedoch verschoben, kleine Motive überdimensioniert wiedergegeben, grössere verkleinert. Die Montage der Bilder erinnert an Schnitte im Film. Ingo Giezendanner hat die «Szenen» so ineinandergeschoben, dass sie ein Ganzes ergeben, obwohl sie nicht direkt zusammengehören. An einer Ecke steht ein Wagen, der für Google Street View die Welt aufzeichnet. In gewisser Weise hat das der Künstler auch für die Patientinnen und Patienten getan, und auch wenn er dafür präzise, eigenwillige Momente gewählt hat, scheint die ganze Welt präsent. Stellvertretend steht dafür auf einem Schild «ASIA-INDIA AFRICA».
So wie das Wandbild im Korridor eine Collage vieler Bilder ist, so sind auch die Bilder für die Räume Collagen gezeichneter Stadtfragmente aus aller Welt. Insofern scheinen sie wie Skizzen für die Wandmalerei, auch wenn diese direkt vor Ort entwickelt wurde.
Text: Eveline Suter
GRRRR (Ingo Giezendanner, *1975), Zürich, «Die Welt. Hier bei dir.», 2015
Wandmalerei mit 32 Versatzstücken (basierend auf Zeichnungen von 1999–2015, Acryl, 270 cm hoch, ca. 20–1000 cm breit) und eine Edition mit 24 Unikaten (Collage auf Papier, je 26.5 x 36 cm). Neubau Bettenhaus, Geschoss I.
Schliessen